27.10.2024: Das große Geheimnis der Aktien-Gurus
Es war ein trüber Donnerstagmorgen, als in der Lobby eines schicken Investmenthauses eine geheime Versammlung stattfand. Die wahren Börsengurus – jene legendären Gestalten, die in Fernsehshows und auf Konferenzen immer so tun, als hätten sie den Durchblick – saßen um einen langen Tisch. Ihr Anführer, Herr Oberklug, eröffnete die Sitzung mit ernster Miene.
„Meine Damen und Herren“, begann er, „wir haben ein Problem. Immer mehr Anleger fragen uns nach wirklich verlässlichen Tipps. Sie wollen nicht mehr nur die üblichen Phrasen wie ‚Kaufen bei Schwäche‘ oder ‚Gewinne mitnehmen‘. Sie wollen echte, handfeste Vorhersagen.“
Ein Raunen ging durch den Raum. So eine Herausforderung hatten die Gurus noch nie erlebt.
„Was sollen wir tun?“ fragte Frau Superprognose nervös. „Ich habe in den letzten Monaten alles ausprobiert – das Tarot, den Kaffeesatz, sogar den Börsenastrologen – aber die Kurse machen einfach, was sie wollen!“
„Ruhig, ruhig!“, sagte Herr Oberklug und hob beschwichtigend die Hände. „Es gibt eine Lösung. Wir müssen einfach... intelligenter klingen.“
„Wie soll das gehen?“ fragte Herr Börsenfuchs misstrauisch. „Wenn wir nicht wissen, was passiert, wie sollen wir das noch besser verpacken?“
Herr Oberklug grinste. „Mit der ultimativen Geheimwaffe: Fachbegriffe und Metaphern!“
Die Augen der Gurus leuchteten auf. „Fachbegriffe?“ fragte Frau Superprognose.
„Ja! Wenn jemand fragt, ob er eine Aktie kaufen oder verkaufen soll, sagen wir: ‚Nun, der Markt befindet sich derzeit in einem Zustand reflexiver Korrelation.‘“
„Aber was heißt das?“ fragte Herr Börsenfuchs.
„Das weiß niemand, und genau darin liegt unsere Stärke!“, rief Oberklug triumphierend. „Wenn uns jemand nach einer Prognose fragt, sagen wir: ‚Die aktuellen Makrosignale deuten auf eine invers-konjunkturelle Schwingung hin, aber langfristig sehen wir eine positive Abweichung im Spektrum der Handelsvolumina.‘“
Ein allgemeines Nicken ging durch den Raum. Die Gurus waren begeistert. Fachbegriffe waren die Lösung! Niemand würde jemals hinter ihre Aussagen steigen.
Die Sitzung endete, und schon bald verbreitete sich die neue Strategie in allen Finanzshows und auf jedem Börsenkanal. Anleger weltweit versuchten verzweifelt, die rätselhaften Aussagen der Gurus zu verstehen, während diese lächelnd in die Kameras blickten und ihre komplizierten Vorhersagen von sich gaben.
Und so vergingen die Monate, ohne dass jemand wirklich verstand, was die Gurus da von sich gaben – aber das war auch nicht nötig. Denn an der Börse wusste jeder: Hauptsache, es klingt intelligent!
Moral der Geschichte: Manchmal reicht es, wenn man nur so tut, als wüsste man, was passiert.
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